Wenn wir schon mal in Tana Toraja sind, so wollten wir auch unbedingt zu Gast bei einer richtigen Tana Toraja-Beerdigung sein. Es ist jetzt nicht so, dass wir gerne auf Beerdigungen gehen würden, viel mehr stellt dies ein spezielles kulturelles Ereignis dar, was es sonst so nirgendwo auf dieser Welt gibt.
Wie speziell es wirklich war und wie man überhaupt auf solch eine Beerdigung eingeladen wird, erfahrt ihr im folgenden Artikel.
Jede Beerdigung hat seinen Preis
Unter dem Reisspeicher vor unserem Bungalow saß zufällig am Morgen ein Guide und bot seine Dienste an. An die Preise hier in Rantepao musste man sich auch erstmal gewöhnen! Für eine dreitägige Tour (Beerdigung, Ke’te’ Kesu’, Londa, Lemo) wollte er 365 € haben – geht’s noch?! Man merkte schon, dass es hier deutlich touristischer war. Wir hatten aber auch gelesen, dass die Tourguides sich untereinander abgesprochen haben und nur fixe Preise anbieten. Der Totenkult in Tana Toraja ist wirklich einmalig und wir wollten unbedingt einiger der Felsengräber besichtigen und wenn möglich auch einer Beerdigung bewohnen.
Wir probierten es mit nur einem Tour-Tag, der eine Tana Toraja-Beerdigung, eine anschließendene Wanderung und noch ein paar Besichtigungen umfassen sollte. Dafür wollte er 170 €, was die Sache nicht viel besser machte. Als ich nach Preisen in Rupien fragte, kamen plötzlich 1.400.000 IDR (90 €) raus. Dafür müssten wir aber die Eintritte und unser Mittagessen übernehmen – machen wir doch gerne, schließlich sind wir ja auch sonst in der Lage uns unser Essen selbst zu organisieren und zu bezahlen.
Seinen Berechnungen nach sollten 600.000 IDR für das Auto mit Fahrer sein, 550.000 IDR für ihn und 250.000 IDR für das Beerdigungsgeschenk (wahrscheinlich eine Stange Zigaretten oder Zucker). Wir landeten letztendlich bei 1.300.000 IDR was immer noch völlig überzogen war, aber unserer Toter sollte angeblich von einer sehr wohlhabenden Persönlichkeit, schwer erreichbar und sehr weit oben in den Bergen. Schon makaber, wie wirtschaftlich hier Tote vermarktet werden.
Gerüche und Eindrücke, die überwältigen
Das Auto machte sich also mit uns auf den Weg in die Berge. Wir verließen kurz hinter Rantepao die Straße. Ab da ging es nur noch auf einem sehr schmalen Feldweg steil bergauf. Zum Glück gab es meist nur Motorräder als Gegenverkehr. Über eine Stunde lang fuhren wir immer höher in die Berge und waren froh, dass wir Vierradantrieb hatten.
Am Ziel angekommen begrüßte uns schon der Gestank und das Gequieke von Schweinen. Diese lagen an mehreren Stellen mehr oder weniger lebendig an Bambusstangen gefesselt im Dreck. Der Weg zum Dorf war gesäumt mit Verkaufsständen und es drängten sich viele Menschen in Richtung Dorf. Wir hatten mehr den Eindruck auf einem Jahrmarkt zu sein, als auf dem Weg zu einer Beerdigung.
Festlich geschmücktes Toraja-Dorf
Die Beerdigungszeremonie fand in einem traditionellen Toraja-Dorf statt, welches für diesen Anlass etwas umgebaut worden war. Auf der einen Seite befinden sich immer die Reisspeicher (Alang) und gegenüber die nach Norden ausgerichteten Wohnhäuser (Tongkonan) der adeligen Dorfbewohner. Unter allen Wohnhäusern und Reisspeichern waren Sitzflächen installiert worden, wo einige hundert Menschen saßen. Außerdem waren zusätzliche Gebäude errichtet worden, die den Verwandten des Toten Platz zum Sitzen boten. Auf einem dieser provisorischen Gebäude befand sich der Sarg des Verstorbenen.
Eine Tana Toraja-Beerdigung ist eine teure Angelegenheit
In der Mitte befand sich ein großer Platz auf dem eine Handvoll Schweine im Morast lagen. Ein Mann mit Mikrofon stand vor einigen Büffeln und verlas, wer diesen stattlichen Wiederkäuer als Geschenk mitgebracht hatte. Danach wurde das Tier abgeführt. Diese Daten wurden genaustens notiert, denn Sterben ist bei den Toraja eine teure Angelegenheit und die Familie, die gerade das Begräbnis ausrichtet, steht somit in der Schuld des Spenders. Die Preise für die Büffel variieren sehr stark und können zwischen 10.000 und 30.000 € liegen. Das ganze Leben der Toraja ist auf das Sterben fokussiert. Die Familie des Toten kann die Begräbnisfeier erst ausrichten, wenn sie die nötige Kohle dafür zusammen hat. Mehrere zehntausend Euros kostet eine ordentliche Beerdigung!
Nicht tot, nur krank
Der Tote muss in der Zeit im Südzimmer warten und gilt als sehr krank. Er bekommt auch kleinere Speisen vorgesetzt. Damit er nicht bei der Hitze zu müffeln anfängt – so eine Krankenzeit kann auch schon mal zehn Jahre betragen – wird Formalin in den Körper injiziert und der Leichnam mumifiziert.
Begräbnistourismus
Dieser Begräbnistourismus mag für uns makaber erscheinen, ist aber für die Familie des Verstorbenen eine Ehre und dezimiert auch ein wenig die Kosten. Denn wenn einer so wichtig war wie unser Toter, dann müssen für ihn mindestens 22 Büffel und eine Menge Säue, im Rahmen der Beerdigung geopfert werden. Er hatte zudem noch Glück, denn er musste nur ein Jahr auf seine Beerdigungszeremonie warten und sogar der Gouverneur war anwesend!
Während wir einen Platz fanden – möglichst weit weg von den riesigen Lautsprechern – filmte jemand das ewig lange Verlesen der Büffel- und Säuen-Spender. Wahrscheinlich war dies für die spätere Abrechnung unabdingbar. Wir hingegen bekamen papp-süßen Tee und sehr unterschiedliches, leckeres Gebäck gebracht und durften der Tochter eine Stange Zigaretten als Gastgeschenk überreichen, als sie uns begrüßen kam.
Feines Tuch und viel Blut
Die Kleidung der Gäste war meist schwarz, was auch wir so gut es ging befolgten. Die Angehörigen waren alle in feines Tuch gehüllt: Orange-rot und ein wenig weiß und schwarz sind nicht nur die Farben der Kleidung, sondern auch die der Bemalung der Häuser. Die Tana Toraja weben ihre Stoffe für die traditionellen Gewänder immer noch selbst.
Zum Glück werden die Tiere erst morgen geschlachtet, der Anblick heute hatte schon völlig gereicht. Die Schweine sind wohl intelligent genug, um zu wissen, was ihnen bevorsteht. Dementsprechend wehrten sie sich, als sie über den Platz gezerrt wurden. Das Geschrei war groß und im Matsch wurden die Blutlachen immer größer.
Mit großem Tamtam hüpften einige Schamanen barfuß durch den Schmodder. Gefolgt von der näheren Verwandschaft. Parallel dazu hatte sich ein Kreis mit Männern formiert, die um ein paar abgetrennte Büffelhörner und Schweine im Kreis händchenhaltend tanzten. Das Gefolge nahm in einem eigens dafür aus Bambus errichteten Haus Platz.
Wir nahmen auch Abschied, denn als einem Schwein gerade mit einem Flammenwerfer die Borsten abgesengt wurden, war das genug, was unsere Kids und auch wir an einem Tag aufnehmen konnten.
Dieser Post nimmt auch an der Blogparade zum Thema Schwarzer Tourismus teil. Wir finden das passt ziemlich gut, da auch wir uns auf einem schmal Grat bewegen.
Malerische Wanderung durch Reisfelder
Wir juckelten wieder talwärts und hielten in einem Dorf, wo wir in einem Warung der gleichzeitig Tante Emma Laden war, sauscharfe Nudelsuppe aßen. Gut gestärkt konnten wir so zu einer wunderschönen Wanderung durch die Reisfelder starten.
Teilweise war es gar nicht so einfach, da man nur einen schmalen Grat hatte auf dem man laufen konnte. Sollte man abrutschen, so würde man bis zum Knie im Schlick des Reisfeldes versinken. Genauso, wie die Büffel, die sich demonstrativ in den Weg stellten. Meist lagen sie auch einfach nur im Morast und hatten Gesellschaft von einem weißen Reiher, der ihnen die Parasiten aus dem Fell pickte.
Für den besonderen Nervenkitzel gab es zwischendurch immer wieder mal eine “Brücke”. Das waren meist zwei oder drei Bambusstangen die über den Wasserlauf gelegt waren, die sich ganz ordentlich unter unserem Gewicht bogen.
Reisanbau ist echte Knochenarbeit
Auf den Reisfeldern arbeiteten sehr viele Menschen Hand in Hand. Die Bauern pflanzen den Reis büschelweise an, deshalb kann er auch genau so wieder mit der Sichel abgeschnitten werden. Diese Büschel liegen erstmal zum Trocknen auf dem Reisfeld. Jeder Reisbauer hat wohl so seine eigene Technik, um die Reisgarben zu trocknen. Entweder werden die Büschel zusammengebunden und stehen wie kleine Wigwams rum oder sie werden zu einem Turm im Kreis aufgeschichtet. Meist zu zweit dreschen die Feldarbeiter die getrockneten Reisbüschel an einen Holzbottich und die Reiskörner landen dadurch in einem Sack.
Keine Ahnung, wie viel so ein Feld abwirft, aber es kann nicht wirklich lukrativ sein, denn für schwarzen Reis haben wir 30.000 IDR gezahlt und der rote war auch nicht teuer. Weißer Reis kostet 10.000 IDR pro Kilo also gerade mal 65 Cent.
Tongkonans eines typischen Toraja-Dorfes
Wir passierten noch das ein oder andere Toraja-Dorf und in allen standen die wunderschönen traditionellen Tongkonan-Häuser mit ihren filigranen Schnitzmustern und aufwendigen Malereien, sowie die dazugehörigen Reisspeicher. Hin und wieder kamen wir auch zu einer Baustelle, wo gerade wieder so ein Holzhaus neu errichtet wurde. Es ist schön zu sehen, dass diese Tradition hier überall in der Region bewahrt und gelebt wird und es sich nicht darauf beschränkt, ein paar malerische Häuschen für die Touristen stehen zu lassen. Natürlich gibt es neben den traditionellen auch einige “normale” Holz- oder manchmal auch Steinhäuser, die am Rand der Dörfer stehen und zusätzlich zu den traditionellen Behausungen genutzt werden, denn die drei Räume der Holzhäuser sind nicht sehr geräumig und Kochen in so einem Haus ist ja auch ziemlich gefährlich.
Sobald wir uns einem Toraja-Anwesen näherten, schlugen die Hunde an. Sie bellten und knurrten bis wir am Haus vorbei waren, mehr aber auch nicht.
Die Megaltihen-Felder in Tana Toraja
Auf dem Rückweg fuhren wir noch an Megalithen vorbei. Nur den Adeligen ist es vorbehalten, sich einen Hinkelstein aufzustellen. Die Steine markieren aber nicht das Grab, sondern werden im Rahmen der Begräbniszeremonie an speziellen Orten (“Rante”) aufgestellt. Da sie meist ohne Inschrift sind, wird von Generation zu Generation weitergegeben, wessen Gedenkstein das ist.
Dieser Post nimmt auch an der Blogparade Faszination Asien teil. Vielleicht kannst du ja verstehen, warum wir so von Asien fasziniert sind.
Ich meine von dieser Zeremonie mal auf Netflix was gesehen zu haben. Es muss sehr beeindruckend sein, an so einer Beerdigung teilnehmen zu können. Andererseits würde ich mich vermutlich auch irgendwie wie ein Eindringling fühlen. Aber es ist trotzdem spannend über diese alte Tradition zu lesen.
Liebe Tanja,
wir fanden es auch am Anfang etwas befremdend, aber uns wurde gesagt, dass die Angehörigen es als eine Ehre ansehen, wenn Ausländer teilnehmen. Ich mag sowas eigentlich auch nicht, aber möchte diese Erfahrung definitiv nicht missen. Der Umgang mit dem Tod ist dort ein anderer und ich fand es total spannend einen kleinen Einblick in diese Kultur zu bekommen. Teilweise ist es aber auch grenzwertig und schwer zu ertragen, wenn man die unzähligen Schweine und Büffel sieht, die dort geschlachtet werden, um den Toden ins Jenseits zu begleiten.
Liebe Grüße
Alex
Ein schöner Bericht – und beim blättern durch die Bilder hören wir wieder das Quieken der armen Schweine. Manchmal fühlt man sich selbst wie eines, wenn es um die Preisverhandlungen für Events geht. Haben wir leider auch erlebt, dass die Guides und Anbieter sich offenbar so fest untereinander abgesprochen haben, dass kein alternatives Angebot zu bekommen war.
Egal, da musst Du durch und wir haben es gemacht wie Ihr: Uns aufgeschlaut, wie alles dort funktioniert und dann auf eigene Faust los.
Das zu lesen mit Euten schönen Fotos macht doch glatt Lust …. nein, kein Begräbnis zu besuchen, aber wieder durch die Landschaftrn zu wandern,
Hallo Aras,
dass es dort abgesprochene Preise gibt, haben wir auch schnell gemerkt. Deshalb haben wir nur den Begräbniszeremonie-Tag mit einem Guide gemacht. Für die anderen Tage in Rantepao, sind wir auf eigene Faust mit lokalen Transportmitteln gefahren und sind trotzdem zu allen Felsgräbern gekommen, haben wunderschöne Wanderungen erlebt und noch viel mehr.
Dass es auch ohne Guide geht, haben wir auf Eurem Blog zuvor gelesen und uns entsprechend Touren, mit einer Wander-App bzw. GoogleMaps und Offline-Karten geplant.
Viele Grüße
Alex